COVID-19 (Coronavirus Disease 2019) hat mittlerweile die ganze Welt erreicht und wurde am 11. März 2020 von der WHO offiziell als Pandemie eingestuft. Die ermittelte Letalität der Krankheit (Fallzahlen/Todesfälle) unterscheidet sich aktuell stark von Land zu Land, allerdings gibt es hohe Unsicherheiten, was die jeweilige Anzahl der nicht ermittelten Fälle – der Dunkelziffer der zum Teil auch asymptomatisch infizierten Menschen – angeht.
Um die neuesten Entwicklungen zu analysieren, erstellen wir täglich mit den aktuell verfügbaren Daten neue Diagramme und fügen sie diesem Betrag unten hinzu. Das letzte Update ist vom 4. April 2020.
Vorgehensweise und Datenquelle
Um zu versuchen, unabhängig von der Anzahl positiv getesteter Personen zu ermitteln, in welchem Stadium des Ausbruchs wir uns derzeit befinden, haben wir uns deshalb entschlossen, die Entwicklung der gemeldeten Todesfälle in verschiedenen Ländern anhand der COVID-19 Daten des Johns Hopkins University Centers for Systems Science and Engineering (JHU CSSE) zu analysieren und darin Korrelationen zu finden.
Das folgende Diagram visualisiert die seit dem 22.01.2020 gemeldeten Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus.

Es handelt sich hierbei um die absoluten Zahlen. Es ist gut zu sehen, wie viel später das Virus Europa und die USA erreicht hat. Außerdem fällt die steile gelbe Kurve Italiens sofort auf, das Land, das aktuell weltweit die meisten Toten zu beklagen hat. Ähnlichkeiten sind hier mit etwas zeitlicher Verzögerung mit den Fallzahlen aus Spanien zu erkennen. Der Anstieg in Wuhan sieht im Vergleich eher flach aus. Auch die Kurven von Frankreich und den USA haben deutlich kleinere Steigungen. Deutschland und die Schweiz entwickeln sich auf diesem Diagramm ähnlich und sehr flach.
Skalierung der Daten nach Populationsgröße
Da es sich hier um absolute Zahlen handelt und die Population des jeweiligen Landes darin nicht beachtet wird, haben wir die Daten im nächsten Diagramm umgerechnet auf eine Million Einwohner.

Damit ändert sich das Bild bereits, die Entwicklung in Wuhan ist ähnlich dynamisch wie in Italien, in Spanien ist die Steigung der Kurve sogar größer. Auch sind plötzlich die Kurven von Frankreich und der Schweiz praktisch deckungsgleich. Ebenso die Entwicklung in den USA und Deutschland.
Vergleich der Kurven nach definiertem Stichtag mit einem COVID-19 Todesfall pro zwei Millionen Einwohnern
Um die einzelnen Kurven besser miteinander zu vergleichen, starten wir die Kurven jeweils an dem Tag, an dem in einem Land ein COVID-19 Todesfall pro zwei Millionen Einwohner gemeldet wurde. Damit werden die Kurven horizontal verschoben, die X-Achse gibt nun die Anzahl der Tage seit dem individuellen Stichtag an.

Durch diese Betrachtungsweise verschieben sich die Kurven der einzelnen Länder in Relation zu Italien folgendermassen:
Land | Zeitliche Verschiebung [Tage] |
Italien | 0 |
Spanien | 9 |
Frankreich | 10 |
Schweiz | 11 |
Deutschland | 19 |
US | 19 |
Hier wird schon deutlich, dass sich die Entwicklung vieler Kurven nur noch wenig voneinander unterscheidet. Beispielsweise ähnelt die Entwicklung in der Schweiz in den letzten 16 Tagen – unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl – sehr der Entwicklung in der selben Zeitspanne in Italien seit dem Tag mit einem gemeldeten Todesfall pro zwei Millionen Einwohnern. Auch Frankreich ist sehr nahe an dieser Entwicklung.
Logarithmische Skalierung
Um die Kurven im unteren Bereich besser vergleichen zu können, haben wir das Diagram noch mit einer logarithmische Skala erstellt. Diese ist auch besser dazu geeignet, um Änderungen im prozentualen Zuwachs zu erkennen – ein gleichbleibender prozentualer Zuwachs erscheint hier als gerade Linie.

Fazit und Interpretation der Daten
Auch wenn bei dieser Betrachtungsweise noch relativ wenig Daten für Deutschland und den USA vorliegen (8 Tage seit dem Stichtag), ist es erstaunlich, wie stark sich die Entwicklung in den USA, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Wuhan und der Schweiz in diesem Zeitraum ähneln.
Es ist aber auch erkennbar, dass sich die Kurve in Italien bereits abflacht – zwar weniger schnell als in Wuhan im Januar, aber trotzdem sichtbar.
Wir sind zuversichtlich, dass sich die Entwicklung in den einzelnen Ländern durch die relativ zum betrachteten Stichtag früher getroffenen Maßnahmen schneller Abflacht als in Italien – dem Land, das nach China als erstes vom Coronavirus getroffen wurde.
Wir müssen uns jedoch auch darauf einstellen, dass die Kurven möglicherweise noch eine gewisse Zeit lang der Entwicklung aus Italien und Wuhan folgen werden. Es dauert etwa 20 Tage, bis eine getroffene Maßnahme sich in sinkenden Todeszahlen widerspiegelt (Inkubationszeit + Zeit bis zur Entwicklung schwerer Symptome).
Wir müssen uns auch klar machen, dass insbesondere in den ersten Tagen des Anstiegs der Todesfälle nicht primär die Qualität des Gesundheitssystems dafür verantwortlich ist – denn so lange die Kapazitätsgrenzen der Intensivstationen nicht erreicht sind, unterscheidet sich die einzelne COVID-19 Intensiv-Behandlung in Italien nicht besonders von der in Frankreich, Spanien, der Schweiz oder Deutschland. Der/Die einzelne PatientIn wird überall gleich intubiert und mit bekannten international erhältlichen antiviralen Medikamenten versorgt, die evtl. eine gewisse Wirkung auch beim neuen Coronavirus zeigen oder auch nicht. Es macht zu diesem Zeitpunkt keinen Unterschied für einen schwer erkrankten Menschen, ob im Land noch 20.000 oder 2.000 Intensivbetten leer bereit stehen.
Verantwortlich für den Anstieg ist schlicht die Anzahl der Menschen, die sich zwei bis drei Wochen zuvor infiziert haben und durch Vorekrankungen, das Alter oder einfach nur Pech einen schweren Verlauf entwickelt haben.
Wir müssen deshalb alle die aktuell nötigen Einschränkungen unseres Lebens und die Maßnahmen ernst nehmen und unterstützen, auch wenn sie einigen bereits übertrieben vorkommen. Wer anders handelt ist nicht mutig oder furchtlos, sondern tut dies auf Kosten seiner Mitmenschen. Nur so können wir erreichen, dass sich so viele Kurven wie möglich zu einem früheren Zeitpunkt abflachen.
Wir werden soweit möglich täglich die neuesten Zahlen analysieren und hier ein Update posten.
Update vom 28.03.2020
Die heutigen Daten zeigen eine Fortsetzung des Trends. Die gemeldeten COVID-19 Todesfälle steigen weiterhin in allen Ländern nach demselben Muster, wenn die Daten, seit dem ein Land einen Todesfall pro zwei Millionen Einwohnern zu beklagen hatte, überlagert werden.



Update vom 29.03.2020
Wir haben mit diesem Update vier weitere Länder in die Analyse aufgenommen: Das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Schweden und Österreich.

Der Stichtag, an dem ein Todesfall pro zwei Millionen Einwohnern gemeldet wurden, ist in diesen Ländern relativ zu Italien folgendermassen verschoben:
Land | Zeitliche Verschiebung [Tage] |
UK | 16 |
Niederlande | 16 |
Schweden | 23 |
Österreich | 24 |
Für Österreich und Schweden sind bei dieser Betrachtungsweise nur Daten für 5 bzw. 6 Tage vorhanden, deshalb ist es hier noch zu früh, um diese Kurven zu bewerten. Die erste Tendenz stimmt allerdings mit den anderen überein.
Die Kurven der Niederlande und UK bewegen sich auf demselben Pfad wie die anderen betrachteten Länder.
Update vom 30.03.2020



Update vom 31.03.2020
Für eine einfachere visuelle Beurteilung der Wachstumsrate haben wir im Diagramm mit der logarithmischen Skala eine gestrichelte Linie hinzugefügt, die eine Verdopplung alle 3 Tage repräsentiert.



Der Trend in Deutschland sowie in den USA liegt weiter sehr nahe an einer Verdopplung alle drei Tage. Die Schweiz verzeichnet eine leichte Abflachung der Kurve. Etwas stärker fällt die Abflachung für die Länder im fortgeschrittenerem Stadium Spanien, Frankreich und Italien aus.
Update vom 01.04.2020

Update vom 02.04.2020



Auffällig bei diesem Update ist insbesondere der Anstieg der Steigerungsrate im Vereinigten Königreich der letzten zwei Tage. In den USA ist die Steigerungsrate weiter konstant bei einer Verdopplung alle drei Tage. Schweden erfährt ebenfalls diese Entwicklung, auch wenn die absoluten Zahlen natürlich niedriger sind.
In den meisten anderen Ländern mit Kontaktbeschränkungen ist eine mehr oder weniger ausgeprägte Abflachung erkennbar.
Update vom 04.04.2020



Bemerkenswert an der Entwicklung der letzten zwei Tage ist der sprunghafte Anstieg der COVID-19 Opferzahlen in Frankreich. Im selben Zeitraum ist ein Rückgang des täglichen Anstiegs in der Schweiz erkennbar.
Österreich scheint eine vergleichsweise sehr frühe und deutliche Abflachung des Anstiegs gelungen zu sein.
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